1946, 1947, 1948 ist eine Serie von drei Ausstellungen in Zürich, Locarno und Genf, zum Thema der Buchgestaltung und Buchproduktion in der Schweiz. 14 Expertinnen und Experten haben eine persönliche Auswahl von Büchern aus den Jahren 1946–1948 beigesteuert, wobei jede Auswahl einen anderen Aspekt der Geschichte des Buches in der Schweiz thematisiert. Die hier präsentierten Animationen der Bücher ergänzen die Publikation, welche im Frühling 2013 beim Niggli Verlag erscheint.

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1943 hatte Jan Tschichold einen Bücherwettbewerb vorgeschlagen, der jährlich die schönsten Schweizer Bücher auszeichnen sollte – doch bereits in den Jahren 1946, 1947 und 1948 wurde der Wettbewerb unterbrochen und weder Bücher juriert noch ausgezeichnet. Diese drei vergessenen Jahre waren die Anregung um in einer Ausstellung einerseits die diversen Aspekte der Buchgestaltung der 1940er Jahre zu thematisieren, und andererseits wurden in zehn Veranstaltungen die zeitgenössische Gestaltung und Produktion von Büchern diskutiert.

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  • Peter Bichsel

    Peter Bichsel, Buchantiquar in Zürich, beschreibt mit seiner Auswahl die Diversität der Buchproduktion. Die von ihm gewählten Bücher sind allesamt sorgfältig gestaltet, sind aber zugleich Ausdruck einer speziellen Leistung des Verlegers oder Herausgebers. Die Erstausgaben von Theaterstücken Max Frischs oder Friedrich Dürrenmatts und insbesondere die kleinen Serien mit Lyrik der Holunderpresse bedeuteten damals ein finanzielles Risiko. Peter Bichsels Auswahl kann in diesem Sinne als Lob für das gut gemachte Buch, wie auch als Lob für die individuelle Leistung eines Verlegers oder Herausgebers gesehen werden.

  • Julia und Klaus Born

    Die Grafikerin Julia Born und der Künstler Klaus Born hinterfragen die Vorgabe aus einigen Tausend Büchern der Jahre 1946–48 eine richtige Auswahl treffen zu müssen. Sie beschränken sich bewusst auf wenige Ressourcen und treffen die Auswahl im Gespräch über die Qualität von Büchern, mögliche Beurteilungskriterien und darüber was schliesslich ein Buch aus den 1940er Jahren heute für einen Stellenwert haben kann. Die gewählten Bücher sind stellvertretend für diesen Prozess und zeigen einen Querschnitt der Buchproduktion der gefragten Jahre – wobei eine Design-Ikone wie das Buch Neger in Amerika genauso Platz hat, wie ein Telefonbuch für den Alltag.

  • Hans Burkhardt

    Die Auswahl von Hans Burkhardt stammt aus dem Archiv der Buchbinderei BUBU in Mönchaltorf. Die Geschichte der 1943 gegründeten Firma berichtet von den Entwicklungen in der Buchproduktion, aber auch von den Ansprüchen der Kunden. Die Auswahl repräsentiert die Situation der 1940er Jahre, wobei wenig Aufwändiges die Regel war und oft seriell und mit den gleichen Materialien gearbeitet wurde – im Gegenteil zu heute, wo gemäss Burkhardt eher Spezialwünsche die Regel sind.

  • Nicolas Eigenheer

    Der Grafiker Nicolas Eigenheer begab sich auf die Suche nach Büchern aus der französischsprachigen Schweiz, deren Gestaltung sich mit den Beispielen der modernen Gestalter wie Lohse, Gerstner oder Bill vergleichen liesse. Sein Fazit ist, dass eine formal ähnliche Buchgestaltung in der Romandie nicht vorhanden war. Seine Auswahl beinhaltet schliesslich zwei Bücher die zwar nicht formal, jedoch in der Struktur und Ordnung der Texte und Illustrationen klare Ähnlichkeiten zu den Beispielen aus der Deutschschweiz aufweisen.

  • Davide Fornari

    Der Grafiker Max Huber ist mit der grafischen Kultur des Tessins eng verbunden – auch wenn er seine Karriere hauptsächlich auf der anderen Seite der Grenze, in Mailand, gemacht hat. Davide Fornari verfolgt mit seiner Auswahl die Arbeiten Max Hubers und zeigt drei Bücher des Verlages Giulio Einaudi Editors, für den Huber zahlreiche Umschläge gestaltete. Mit seinen hervorragenden grafischen Arbeiten hatte, und hat, Max Huber einen nicht unterschätzbaren Einfluss auf die Arbeiten jüngere Gestalter in Italien und im Tessin.

  • Mirjam Fischer und Hans Rudolf Gabathuler

    Die Kunsthistorikerin Mirjam Fischer und der Fotobuchsammler Hans Rudolf Gabathuler treffen gemeinsam eine Auswahl, welche die wichtigsten Phänomene des Fotobuches repräsentiert. Es sind dies einerseits klassische Fotobände, Reportagen oder (Kriegs-) Dokumentationen, aber auch Bücher, bei denen die Persönlichkeit des Fotografen die prominente Rolle spielt.

  • Jost Hochuli und Ursula Hochuli

    Die Auswahl der beiden Grafiker Jost und Ursula Hochuli illustriert die Unterschiede in der Buchgestaltung der 1940er Jahre. Mit Arbeiten von Jan Tschichold, Rudolf Hostettler und Richard Paul Lohse zeigen sie wie asymmetrische und symmetrische Layouts je nach Zweck ein gutes Resultat erzielen können. Eines der von ihnen gewählten Bücher kann dabei als Augenzwinkern verstanden werden: Das Dschungelabenteuer, von Tschichold asymmetrisch arrangiert, ist der Beweis dafür, dass das Dogma der Symmetrie oder Asymmetrie selbst von den angeblich striktesten Vertretern nicht immer eingehalten worden ist.

  • Philippe Kaenel

    Der Kunsthistoriker und Experte für die Geschichte des Künstlerbuches Philippe Kaenel hat für seine Auswahl sechs Vertreter des illustrierten Buches vorgeschlagen. Es sind dies in einer Box gesammelte, gefaltete Blätter, reich illustriert mit Zeichnungen wichtiger Künstler und begleitet mit Texten ebenso bekannter Schriftsteller. Sie entsprechen in ihrer Form nicht unbedingt der Vorstellung des gut gemachten Buches, wie sie vom Wettbewerb vertreten wird – trotzdem sind sie faszinierende Druckerzeugnisse, hinsichtlich der Wahl der Materialien, aber auch der Qualität der künstlerischen Beiträge.

  • François Rappo

    François Rappo, Typograf und Buchgestalter, beschreibt das Verständnis des schönen, handwerklich gut gemachten  Buches wie es der Wettbewerb fördern wollte, als eine an sich deutschschweizerische Idealvorstellung. In der Romandie wurde zur selben Zeit viel eher das Künstlerbuch gepflegt. Seine Wahl fällt auf eines der letzten Exemplare einer Kategorie die er Edition de la Résistance nennt. Mit seiner überraschend rationalen Organisation der Typografie verfügt das Buch über einen bemerkenswert starken Ausdruck.

  • Christoph Schifferli

    Zu Beginn der 1940er Jahre gründete Peter Schifferli in Zürich den Arche Verlag. Von Beginn weg bestand eine wichtige Beziehung zum Kanton Tessin und im Verlauf der Jahre entstanden diverse Bücher mit namhaften Autoren in und um Ascona, wo Peter Schifferli nach 1956 wohnte. Sein Sohn Christoph Schifferli, selbst Sammler von Kunstbüchern und Herausgeber, hat das Verlagsarchiv betreut und schlägt für seine Auswahl einige Titel des Arche Verlags vor, die für die Leistung des Verlegers Peter Schifferli, aber auch für ihre sorgfältige, einfache Gestaltung und Produktion Erwähnung verdienen.

  • Andreas Schwab

    Der Historiker Andreas Schwab ist ein Kenner der Geschichte des Monte Verita in Ascona und bestens vertraut mit dem Archiv, welches Harald Szeemann 1978 anlässlich der Ausstellung zum Monte Verita zusammengestellt hatte. Aus diesem Archiv wählt Andreas Schwab kleine, aber feine Publikationen aus, welche die Stimmung erklären, die in den 1940er Jahren in der Kommune Monte Verita geherrscht hatte. Die Publikationen zeigen auch die zahlreichen kulturellen und spirituellen Einflüsse, die damals im Tessin eine neue Heimat gefunden haben.

  • Nicole Udry

    Die Grafikerin Nicole Udry thematisiert den Charakter der Buchproduktion in der Romandie. Diese hatte während dem Zweiten Weltkrieg von der Ausstrahlung der Verlagsproduktion aus Frankreich profitiert, welche die Tätigkeit bis Ende der 1940er Jahre nicht vollständig aufgenommen hatte. In der französischsprachigen Schweiz realisierten damals Verleger wie Albert Skira oder Henry-Louis und Albert Mermod herausragende Künstlerbücher mit wichtigen französischsprachigen Autoren und Künstlern. Nicole Udry wählt vier Bücher welche sich durch berühmte Namen, aber vor allem auch durch gestalterische Finesse auszeichnen.

  • Felix Wiedler

    Mit seiner Auswahl thematisiert Felix Wieder die Diskussionen unter Grafikern und Typografen um 1940 und greift dabei auf seine Sammlung von Büchern aus den 1920er bis 1960er Jahren zurück, die auf eindrückliche Weise die Entstehung, oder Selbstdefinition, des Swiss Style illustriert. Eine wichtige Anekdote in der Geschichte der Schweizer Buchgestaltung ist hierbei die öffentliche Debatte zwischen Max Bill und Jan Tschichold von 1946, über die Symmetrie in der Buchgestaltung. Max Bills Artikel in der Zeitschrift SGM ist in Felix Wiedlers Auswahl vertreten, sowie weitere Arbeiten von Jan Tschichold und Max Bill.

  • Fabio Soldini

    Fabio Soldinis Auswahl erklärt die Buchproduktion im Tessin aus einer Perspektive, mit der er auf die Geschichte der einzelnen Texte Bezug nimmt. Weshalb wird ein Buch veröffentlicht, für wen war es gedacht, von welchem Verleger und zu welchem Zeitpunkt initiiert? Das erste von Soldini gewählte Buch ist ein Text von Ernest Hemingway, der während dem Zweiten Weltkrieg in Italien verboten war und 1946 im Tessin veröffentlicht wurde. Das zweite ist ein Katalog Tessiner Bauwerke und ein frühes Beispiel für ein neues Bewusstsein und den Wunsch das kulturelle Erbe im Tessin zu schützen.